Aktuell: Seit dem 6. Februar 2023 bebte im Südosten der Türkei mehrfach die Erde. Das Epizentrum der katastrophalen Erdbeben-Serie der maximalen Stärke 7,8 lag im Grenzgebiet zu Syrien (Hatay), in der Nähe der Städte Kahramanmaras, Iskenderun und Gaziantep. Ganze Stadtviertel sind komplett eingestürzt und vermutlich mehr als 57.000 Opfer zu beklagen – beiderseits der Grenze. Die gemeldeten Zahlen steigen weiterhin. Internationale Hilfe aus mehr als 40 Staaten ist vor Ort, auch die Spendenbereitschaft ist sehr hoch. Erschwert wird die Lage dadurch, dass in der Region derzeit winterliche Bedingungen mit Kälte und Schnee herrschen.

Bereits Ende Januar kam es im westlichen Iran zu heftigen Erdstößen. Die Türkei ist beinahe ein „Spielball“ der tektonischen Kräfte, die in der Erdkruste lauern. Gefahr droht dabei aus allen Himmelsrichtungen. Manche Wissenschaftler fürchten, dass perspektivisch auch der Metropole Istanbul ein katastrophales Beben droht.

Tektonische Ursachen

Das Staatsgebiet der Türkei liegt zum größten Teil auf einer gesonderten, kleinen Erdplatte: der Anatolischen Platte. Diese gesamte Erdplatte wird langsam Richtung Westen geschoben, wo sie mit der Ägäischen Platte (Griechenland) kollidiert.

Im Norden gleitet die Anatolische Platte an der Eurasischen Kontinentalplatte entlang. Das „Gleiten“ ist allerdings nicht reibungslos, im Gegenteil: die Nordanatolische Verwerfung ist eine der Haupterdbebenzonen der Türkei. Nicht weniger problematisch ist die Situation in der Osttürkei, wo die Arabische gegen die Anatolische Platte drückt und ebenfalls viele Erdbeben auslöst – so auch am 6. Februar 2023.

Ausgewählte historische Erdbeben

Außer im Zentrum der Türkei und einigen Abschnitten der südlichen Mittelmeerküste ist das Erdbebenrisiko in weiten Regionen überdurchschnittlich hoch. Dies betrifft auch die besonders dicht besiedelte Westtürkei und den Ballungsraum Istanbul.

Erdbebenkarte der Türkei:

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A: Antiochia (13. Dezember 115) – Magnitude 7,5
B: Antiochia (19. Mai 526), wie Markierung A
C: Konstantinopel (14. Dezember 557) – Magnitude 6,4
D: Erzincan (1458) – Magnitude 7,5
E: Kilikien (1268) – Magnitude ca. 7
F: Izmir (23. Februar 1653), wie Markierung G
G: Smyrna (10. Juli 1688) – Magnitude 7,0
H: Erzurum (2. Juni 1859) – Magnitude 6,1
I: Hakkari/Grenze zum Iran (7. Mai 1930) – Magnitude mind. 7,2
J: Erzincan (26. Dezember 1939), wie Markierung D – Magnitude 7,8
K: Muradiye (24. November 1976) – Magnitude 7,5
L: Izmit (17. August 1999) – Magnitude 7,6
M: Elâzığ Merkez (24. Januar 2020) – Magnitude 6,8
N: Samos (30. Oktober 2020) – Magnitude 6,9
O: Gaziantep/Kahramanmaras (6. Februar 2023), wie Markierung A – Magnitude 7,8

Besonders schwere Beben

Ein traumatisches Ereignis für das Römische Reich war die fast völlige Zerstörung der heute zur Türkei gehörenden Stadt Antiochia im Jahr 526 n.Chr. (Markierung B). Antiochia war ein wichtiger römischer Stützpfeiler in der damaligen Provinz Syrien. Laut der antiken Geschichtsschreibung soll das Erdbeben einer Viertelmillion Menschen den Tod gebracht haben – eine vermutlich stark übertriebene Zahlenangabe. Die Erdbeben der folgenden Jahrhunderte erreichten jedenfalls keine vergleichbare Zerstörungskraft.

Aus dem Jahr 1268 wird von einem Erdbeben berichtet, das in der Region Kilikien bis zu 60.000 Menschenleben gekostet haben soll (Markierung E). Auch bei dieser Angabe handelt es sich um eine grobe Schätzung.

Viel besser dokumentiert sind dagegen die zerstörerischen Beben des 20. Jahrhunderts. Bei Erzincan in der Osttürkei (Markierung J) starben 1939 nach einer Serie von Erdstößen knapp 33.000 Menschen. Die ganze Stadt war so stark zerstört, dass sie aufgegeben und an anderer Stelle neu errichtet wurde. Das bis zum Februar 2023 letzte Katastrophenbeben traf das nur 100 Kilometer von Istanbul entfernte Izmit (Markierung L), forderte rund 17.000 Menschenleben und zerstörte über 100.000 Häuser.

Erdbebenwahrscheinlichkeit in der Türkei
Erdbebenwahrscheinlichkeit in der Türkei (je dunkler, desto wahrscheinlicher) – By USGS ([1]) [Public domain], via Wikimedia Commons

Erdbeben in der Türkei