Nach heutigem Stand von Wissenschaft und Technik gibt es keine verlässliche Methode zur Erdbebenvorhersage. Zwar kennen Forscher einige Indizien, die auf eine erhöhte Erdbeben-Wahrscheinlichkeit hindeuten. Diese erlauben aber weder eine genaue Ortung noch eine zeitliche Vorherbestimmung. Erdbeben sind und blieben bis auf Weiteres schwer berechenbare Naturphänomene.

Warnsysteme für Erdbeben und Tsunamis

Physikalisch möglich ist es allerdings, die Bevölkerung vor einem bereits begonnenen Beben zu warnen. Diese Technik macht sich zunutze, dass ein Erdbeben, zwei verschiedene Wellen aussendet: zunächst die ungefährlichen Primärwellen (P-Wellen), dann die etwa halb so schnellen, zerstörerischen Sekundärwellen (S-Wellen). Registriert ein Seismograph also eine P-Welle, kann er einen Alarm auslösen und vor der folgenden S-Welle warnen. Derartige Warnsystem sind bereits im Einsatz. Die erzielbare Vorlaufzeit hängt von der Entfernung zum Erdbebenherd ab und beträgt in den meisten Fällen nur einige Sekunden.

Die Hoffnung beruht darin, dass wenige Sekunden ausreichen können, um Leben zu retten. Beispielsweise können Menschen aus ihren Häusern ins Freie treten, um nicht von umstürzenden Mauern erfasst zu werden. Mehr zum richtigen Verhalten bei Erdbeben hier.

Die Chance auf eine erfolgreiche Frühwarnung vor Tsunamis ist deutlich besser. Zwar breiten sich Tsunamis auch mit hoher Geschwindigkeit (rund 800 Stundenkilometer) in den Ozeanen aus – die Erdbebenwellen sind jedoch wesentlich schneller. Wird ein untermeerisches Erdbeben festgestellt, lässt sich anhand dieser Daten die Tsunamigefahr berechnen. In einem günstigen Fall bleiben den Behörden sogar mehrere Stunden, um die Bevölkerung zu warnen und zu evakuieren. Viele Staaten wie die USA, Japan, Indonesien, Taiwan und Malaysia verfügen bereits über ein Netz von Warnstationen.

Besonders erfolgreich und sicher ist offenbar die GPS-Technologie, die indirekt Schwankungen des Meeresbodens registriert. Im Einsatz sind außerdem Bojen und spezielle Drucksensoren am Meeresboden, die zeitnah nach einem Seebeben wichtige Daten liefern sollen.

Tierverhalten als Warnsignal

Manche Augenzeugen berichten von auffälligem Tierverhalten kurz vor einem Erdbeben. So sollen sich Tiere zum Beispiel an ungewöhnlichen Orten versammelt haben. Nach Einschätzung mancher Beobachter offenbarten die Tiere so etwas wie einen „sechsten Sinn“, der sie vor Erdbeben warnte. Daher gibt es immer wieder Ratschläge, solch ungewöhnliches Verhalten als Warnsignal ernst zu nehmen. Allerdings fehlt bislang jede wissenschaftliche Bestätigung für diese Hypothese.

Seismische Ruhe

Seriöser und nachprüfbar sind dagegen andere Indikatoren. Beispielsweise hat man festgestellt, dass vor einem größeren Erdbeben vermehrt das Edelgas Radon aus der Erde austritt. Außerdem gibt es bei Erdbeben etwas Vergleichbares wie die „Ruhe vor dem Sturm“: Fehlen in einer typischen Erdbebenregion über lange Zeit die sonst häufigen kleinen Erdbeben, so erhöht sich die Wahrscheinlichkeit für ein bevorstehendes Großbeben. Man geht davon, dass kleine Beben die Spannung zwischen zwei Erdschollen abbauen und eine „seismische Ruhe“ zu einem Spannungsaufbau führt. Aber auch dieses Modell kann weder sagen, ob noch wann tatsächlich ein Großbeben zu befürchten ist.

Vorhersage von Erdbeben